Normalerweise dient dieses Format der Zusammenfassung, Einordnung sowie dem Vergleich verschiedener Anträge und Entwürfe anstehender Abstimmungen. Das soll euch vor allem dabei helfen, bei größeren Tagesordnungspunkten eine informierte Entscheidung in der App treffen zu können. Doch der Bundestag stimmt über verschiedene Arten von Dokumenten ab, und da er in der kommenden Woche hauptsächlich mit dem Haushalt für 2021 beschäftigt ist, nutzen wir die Gelegenheit, um euch den Unterschied zwischen Beschlussempfehlungen, Gesetzentwürfen und Anträgen zu erklären. Außerdem gehen wir nicht nur auf den Prozess der Gesetzgebung ein, sondern zeigen auch, wie dieser sich in der App niederschlägt. Aber eins nach dem anderen.

Am Anfang des Gesetzgebungsprozesses steht die Initiative. Ein Gesetzentwurf kann von der Bundesregierung als Ganzes oder der absoluten Mehrheit des Bundesrates nach Antrag eines Bundeslandes eingebracht werden. Das jeweils andere Organ kann eine Stellungnahme dazu verfassen, wozu der Initiator wiederum Stellung beziehen kann. Dann landet der Entwurf im Bundestag. Dieser hat außerdem selbst Initiativrecht, eine Fraktion oder 5 % des Parlamentes können einen Gesetzentwurf einbringen. Im Bundestag kann ein Entwurf 3 Beratungen durchlaufen, die Lesungen genannt werden. Die 1. Lesung dient hauptsächlich dem Ziel, einen Ausschuss zu bestimmen, der sich zur 2. Lesung im Detail mit dem Entwurf auseinandersetzt. Er kann Expert:innen sowie Lobbyist:innen anhören und schließlich Änderungen am Entwurf vorschlagen. Sollten mehrere Ausschüsse bestimmt werden, wird ein federführender ausgewählt. Die Ausschüsse fassen ihre Diskussionen und Ergebnisse in Beschlussempfehlungen zusammen. Bereits in der 1. Lesung kann auf Entscheidung des Ältestenrates oder 5 % der Abgeordneten eine Aussprache im Plenum stattfinden, das ist aber selten und bei besonders kontroversen Themen der Fall.

In der App werden Entwürfe in diesem Stadium des Prozesses übrigens nicht angezeigt, da auch die Bundestagsabgeordneten hier noch nicht über sie abstimmen. Vor der 2. Lesung erhalten alle Abgeordneten die Beschlussempfehlungen, außerdem bilden die Fraktionen eigene Arbeitsgruppen, um ihre Positionen zu erarbeiten und stimmen diese in internen Sitzungen ab. Nach der Aussprache in der 2. Lesung können alle Abgeordneten Änderungsanträge stellen, über die direkt abgestimmt wird. Werden keine Änderungen beschlossen, findet die 3. Lesung direkt im Anschluss statt, eine weitere Aussprache gibt es dann selten, kann aber wieder von einer Fraktion oder 5 % der Abgeordneten verlangt werden. Das Gleiche gilt nun für das Einbringen von Änderungsanträgen, die sich zudem nur auf Änderungen aus der 2. Lesung beziehen können.

Am Ende der 3. Lesung steht die Abstimmung, die ihr auch in der App durchführt. Im Bundestag passiert das meistens über Handzeichen. Die Fraktionen stimmen in der Regel geschlossen ab, diese informelle Regel wird Fraktionsdisziplin genannt. Für den seltenen Fall, dass es Zweifel über die Mehrheitsverhältnisse gibt, ist ein Hammelsprung vorgesehen. Dabei verlassen alle Abgeordneten den Plenarsaal und werden beim Reingehen durch drei verschiedene Eingänge, abhängig davon, ob sie zustimmen, ablehnen oder sich enthalten, gezählt. Wenn die notwendige einfache Mehrheit einem Gesetzentwurf zustimmt, ist er vom Bundestag angenommen und wird dem Bundesrat übergeben.

Wichtig für die Abstimmung in der App: Im Bundestag wird entweder über den Gesetzentwurf an sich oder , meist bei Anträgen, über die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses abgestimmt. Im letzteren Fall wird es also tricky, denn wenn die Beschlussempfehlung vorschlägt, den Antrag abzulehnen und die Mehrheit zustimmt, ist der Antrag letztendlich abgelehnt. Um euch diesen Spaß zu ersparen, stimmt ihr in der App immer über Anträge und Gesetzentwürfe an sich ab! Zustimmung heißt immer ihr seid für die Annahme, Ablehnung immer dagegen. Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid.

Anträge durchlaufen übrigens ebenfalls den oben beschriebenen Prozess, unterscheiden sich aber inhaltlich von Gesetzentwürfen. In ihnen können Abgeordnete die Bundesregierung auffordern, dem Bundestag über bestimmte Themen zu berichten oder sie durch Vorlage eines Gesetzentwurfs zu regeln. Sie werden also nach Abstimmung nicht an den Bundesrat weitergeleitet. Bezüglich Beschlussempfehlung gilt in der App das gleiche Abstimmungsprinzip wie für Entwürfe.

Wie der Bundesrat als zweite Kammer nun mit einem Entwurf umgeht, hängt von der Art des geplanten Gesetzes ab. Hier wird zwischen Zustimmungs- und Einspruchsgesetzen unterschieden. Erstere berühren Rechte der Bundesländer, daher kann der Bundesrat sie ablehnen. Dann muss im Vermittlungsausschuss eine Lösung gefunden werden. Alles, was nach Grundgesetz keiner Zustimmung des Bundesrates erfordert, wird als Einspruchsgesetz bezeichnet. Hier kann der Bundesrat zwar Einspruch erheben, der Bundestag kann diesen jedoch überstimmen. Das muss mit der absoluter oder Zweidrittelmehrheit geschehen, je nachdem, wie der Einspruch im Bundesrat beschlossen wurde.
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