Vor 20 Jahren wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet. Unter anderem machte es Hausbesitzer:innen möglich, ihren Strom mit Hilfe von Solaranlagen selbst zu produzieren. Allen Ökostromproduzierenden wird durchs EEG ein Festpreis garantiert, um Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Die Differenz zwischen diesem Festpreis und dem Marktpreis an der Strombörse wird von allen Steuerzahler:innen über die sogenannte EEG-Umlage bezahlt. Dieses Modell wurde von vielen Ländern übernommen und verbessert. Das Gesetz war maßgeblich daran beteiligt, dass der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Stromverbrauch in den letzten 10 Jahren verdreifacht wurde und aktuell bei knapp 42% liegt. Allerdings wird es inzwischen als veraltet und bürokratisch überkomplex kritisiert, außerdem würden Geringverdiener:innen überproportional belastet. Hinzu kommt, dass die Förderungen für Wind- und Solaranlagen auf 20 Jahre angelegt waren und daher zum Jahresbeginn 2021 auslaufen.

Klar ist also, es gibt dringenden Reformbedarf. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte eine Lösung bis Ende des Jahres an und nahm dieses Versprechen scheinbar recht wörtlich. Denn der Bundestag stimmt in seiner letzten Sitzungswoche 2020 über die von der Bundesregierung eingebrachte Änderung des EEG ab. Außerdem haben die AfD einen eigenen Gesetzentwurf und FDP und DIE LINKE eigene Anträge eingebracht. Falls ihr euch über den Unterschied von Entwürfen und Anträgen informieren wollt, schaut gerne in unser letztes Spotlight rein.

Eigentlich sollte die Gesetzesänderung bereits im November beschlossen werden. Doch die Koalitionsparteien konnten sich in vielen Fragen nicht einigen, beispielsweise solche nach neuen Ausbauziele für erneuerbare Energien, einer Solarstrompflicht für Neubauten oder danach, wie Anwohner:innen von Windkraftanlagen einbezogen werden können. Der Widerstand vieler Kommunen stand in der Vergangenheit oft im Konflikt mit dem Ziel des Ausbaus der Windenergie. Die SPD forderte außerdem eine komplette Abschaffung der EEG-Umlage aufgrund ihrer hohen Komplexität. Sie wollte stattdessen die Stromsteuer erhöhen und klimaschädliche Subventionen reduzieren. In den Entwurf, der nun bei der letzten Gelegenheit eingebracht wurde, hat es diese Forderung nicht geschafft. Was steht also im neuen Gesetz und was wird daran von wem kritisiert?

In ihrem Entwurf des neuen EEG formuliert die Bundesregierung das Ziel, den Stromverbrauch sowie die Stromproduktion in Deutschland bis 2050 treibhausgasneutral zu machen. Bis 2030 soll der Ökostromanteil bei 65% liegen, im Moment beträgt er, wie oben erwähnt, 42%. Weiterhin können nach der Reform Kommunen stärker an dem Gewinn von Windkraftanlagen beteiligt werden. Für Solaranlagen von Privatpersonen, deren Förderung ausläuft, wird eine Übergangslösung bis 2027 geschaffen. Das gilt jedoch nur, wenn der Strom nicht für den Eigenbedarf benutzt wird oder modernere Messsysteme installiert werden. Der Bundesrat kritisiert hierzu in seiner Stellungnahme, dass die Kosten für das neue Messsystem zu einem Minus für Privatpersonen führen könnten. Dadurch falle der Anreiz zum Aufbau von Solaranlagen nicht nur weg, noch funktionstüchtige Solarpanels müssten stillgelegt werden. Und das, obwohl ihre Nutzung von Haushalten bisher eine wichtige Rolle für die Energiewende gespielt hätte. Die Länderkammer begrüßt zwar einzelne gute Aspekte in der Reform, grundlegende Fragen nach Verteilungsgerechtigkeit oder Marktintegration blieben aber unbeantwortet. Schließlich wird die unrealistische Schätzung des künftigen Stromverbrauchs in Deutschland bemängelt, ein Aspekt, der auch von der Ökonomin Prof. Claudia Kemfert aufgegriffen wird.

Die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass der Stromverbrauch in Deutschland in den nächsten Jahren steigen wird, unter anderem wegen der Elektrifizierung des Verkehrs. Deshalb reiche auch das Ziel von 65% Ökostromanteil nicht aus, stattdessen müssten es ca. 80% sein. Der Energieökonom Prof. Andreas Löschel vom Lehrstuhl für Mikroökonomik der Uni Münster sieht positive Ansätze bezüglich des Abbaus von Hindernissen für Wind- und Solarenergie. Für das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 würden die Maßnahmen aber nicht ausreichen.

Am Dienstag wird nicht nur über den Entwurf der Bundesregierung abgestimmt. Ein Gesetzentwurf der AfD sieht vor, dass für alle Anlagen, die nach Anfang 2021 in Betrieb genommen werden, sämtliche Förderungen wegfallen. Sie nimmt zudem an, dass ein niedrigerer Treibhausgasausstoß in Deutschland auf europäischer Ebene wenig Wirkung hätte, da er nur dazu führen würde, dass im Emissionshandel andere Länder die billigeren Zertifikate erwerben. Bei diesem vermuteteten Effekt muss jedoch beachtet werden, dass die Obergrenze für Emissionen immer wieder abgesenkt wird, was wiederum eine gegenteilige Wirkung hätte. Die FDP fordert in ihrem Antrag, Stromlieferverträge langfristiger abzuschließen, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen. DIE LINKE will das Ausbauziel für Ökostrom auf 80% statt 65% erhöhen, was dem Vorschlag von Prof. Claudia Kemfert entsprechen würde. In ihrem Antrag setzt sie sich für höhere Ausbauziele ein, was auch der Bundesrat forderte. Die Bundesregierung antwortete in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates hierauf, dass die Ausbauziele flexibel anpassbar sein. DIE LINKE argumentiert jedoch, die Ziele gleich höher anzusetzen würde mehr Planungssicherheit schaffen. Des Weiteren kritisiert sie Privilegien für Unternehmen, die teilweise weniger EEG-Umlage zahlen müssen.

Die anstehende Entscheidung im Bundestag kommt übrigens kurz nachdem die EU ihre Klimaziele vergangene Woche verschärft hat. Statt 40% soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 55% verringert werden. Die Notwendigkeit für schnelle und wirksame Maßnahmen wurde dadurch erneut verstärkt. Die ca. 1-stündige Debatte im Parlament über das EEG sowie die anschließende Abstimmung könnt ihr am Donnerstag um 09:00 Uhr verfolgen. Am Vortag steht übrigens Arbeitsschutz in der Fleischindustrie auf der Tagesordnung, was Thema unseres nächsten Recap sein wird.