Im Mai 2020 erregte ein Gesetz zur Regelung der Vorratsdatenspeicherung besondere Aufmerksamkeit. Aspekte dieses und einiger anderer Gesetze zur manuellen Datenerhebung wurden in Folge dessen vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für gesetzeswidrig erklärt. Dieses Gesetz musste also möglichst schnell neu gefasst und die „verfassungswidrigen“ Aspekte gestrichen werden. 

Anfang dieses Jahres legte dann die antragstellende Große Koalition eine veränderte Fassung des Gesetzes, ein sogenanntes Reparaturgesetz vor. Dieses wurde im Bundestag und den zuständigen Ausschüssen sehr kontrovers diskutiert. Die Oppositionsfraktionen äußerten sich hierbei nicht nur kritisch zum Inhalt der Gesetzesänderung, sondern auch zu der Art und Weise, auf die diese verabschiedet wurde.

Um den Inhalt des neuen Gesetzes und der Diskussionen soll es in diesem Recap gehen.

Zum Thema Vorratsdatenspeicherung gibt es schon seit Langem offene Uneinigkeiten zwischen der Bundesregierung und diversen Gerichtshöfen. Im Mai 2020 verabschiedete der Bundestag erneut ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Ziel des Gesetzes war es, die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung zu ermöglichen. So sollten Telefonie-Anbieter beispielsweise jegliche Daten zu Anrufen oder SMS-Kontakten für 10 Wochen und Standortdaten für 4 Wochen speichern. Bei berechtigter Anfrage durch ermittelnde Behörden sollten die Telefonie-Anbieter diese Daten dann übermitteln. 

Die flächendeckende und verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung wurde jedoch bereits vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) für verfassungswidrig erklärt. Die Bestandsdatensicherung sollte laut EuGH zwar auch möglich sein, jedoch nur, „wenn es um die Bekämpfung schwerer Kriminalität oder den konkreten Fall einer Bedrohung der nationalen Sicherheit geht“.

Das BVerfG äußerte sich ähnlich, wenn auch nicht ganz so strikt zu diesem Thema. Eine pauschale Vorratsdatenspeicherung wurde untersagt. Es bedürfe zur „Übermittlung und zum Abruf von Bestandsdaten für die Gefahrenabwehr und für die Tätigkeit der Nachrichtendienste grundsätzlich einer im Einzelfall vorliegenden konkreten Gefahr“. 

Außerdem müssten die Übermittlungs- und Abrufregelungen die Verwendungen der Daten hinreichend begrenzen. 

Auf dieser Grundlage kippte das BVerfG die Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung wegen Verfassungswidrigkeit, woraufhin die Antragsteller CDU/CSU und SPD ein Gesetz formulierten, in dem die Bedingungen des BVerfG aufgegriffen werden sollten. 

Der Gesetzesvorschlag wurde von sechs Ausschüssen behandelt. Federführend, also entscheidend war in diesem Fall der Ausschuss für Heimat und Inneres. In diesem und jedem der beisitzenden Ausschüsse standen die Stimmen der Koalitionsfraktion CDU/CSU und SPD gegen die aller anderen Fraktionen. Da die Koalitionsfraktionen in all diesen Ausschüssen die Mehrheit besitzen, stimmten alle Ausschüsse für den neuen Gesetzesentwurf.

In dem Reparaturgesetz werden einige alte Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung (Telekommunikationsgesetz) und zum Umgang der Behörden mit diesen Daten geändert. Da der Umgang mit gespeicherten Daten viele Möglichkeiten zum Missbrauch eröffnet, sollten in diesem Gesetz die Kompetenzen der Behörden vielfach abgesteckt und teilweise eingeschränkt werden. 

Die Änderungen der gegebenen Gesetze sollten die Behörden unter anderem dazu verpflichten, die praktische Handhabung und Wirksamkeit der erhobenen Daten regelmäßig zu evaluieren.

Darüber hinaus sollte, falls möglich die Anzahl der Datenabrufe gezählt und ein Bericht, der die gefragten Daten zusammenfasst, dann ebenfalls regelmäßig dem Bundestag vorgelegt werden.

Die Koalitionsfraktion, also CDU/CSU und SPD, betonte in Ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf die Wichtigkeit der Aufnahme der Bestandsdaten für die Arbeit der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen internationalen Terrorismus und Kindermissbrauch.

Durch die nachträgliche Veränderung der im Antrag genannten Gesetze seien die Nutzungsgründe und Kompetenzen klar abgesteckt und die Bedingungen des Bundesverfassungsgerichtes zu Genüge aufgenommen. Die Pflicht zum Vorlegen eines Berichts führe zu einem offenen Umgang mit der Praxis der Vorratsdatenspeicherung und sorge so dem Missbrauch vor.

Die anderen Fraktionen bezogen jedoch deutlich Stellung gegen die Aussagen der Koalitionsfraktion. 

Die AFD betonte, dass „praktisch alle Sachverständige die Auffassung vertreten, den Bedenken des BVerfG sei in dem „Reparaturgesetz“ nicht in adäquater Weise entsprochen worden.“ Da eine erneute Verwerfung durch das Bundesverfassungsgericht zu erwarten sei, solle das Gesetz grundlegend neu geregelt werden. 

Die FDP griff ebenfalls Äußerungen Sachverständiger auf, die die geänderte Fassung des Gesetzes kritisierten. So sei es besonders wichtig, die Möglichkeit der Passwortspeicherung nachträglich zu unterbinden. Die FDP warf den Koalitionsparteien hier ein altbekanntes Vorgehen vor, nach dem diese „ein möglichst weitgehendes Sicherheitsgesetz verabschiedeten, um sich dann durch das BVerfG die Grenzen aufzeigen zu lassen und dann eine korrigierte Neufassung vorzulegen, die allerdings in diesem Fall auch wieder fragwürdig sei.“  

Das Ziel der Bundesregierung solle es hier allerdings sein, Gesetze zu verabschieden, die sich innerhalb des gegebenen gesetzlichen Rahmens bewegten und nicht an deren Grenzen kratzten. 

Die Linke schloss sich den anderen Fraktionen an. Man könne klar erkennen, wie die Koalitionsparteien versuchten, die Grenze des Machbaren vor dem BVerfG auszutesten, um dann entsprechende Gesetze zu erlassen. 

Bündnis 90/Die Grüne kritisierte besonders die Art und Weise, auf die der Antrag gestellt wurde. Diese sei in diesem Fall zu kurzfristig gewesen. Es sei außerdem eine „Unart, bei einem von der Pandemie völlig unabhängigen Gesetz derart kurzfristig Änderungsvorschläge einzubringen.“ 

Obwohl die Sachverständigenanhörungen darauf hinwiesen, dass starker Änderungsbedarf bestehe, seien in der neuen Form keinerlei relevante Änderungen zu erkennen. Es sei von einer erneuten Ablehnung durch das BVerfG zu rechnen. In Zukunft solle mehr auf die Stellungnahmen des Europäischen Gerichtshofs eingegangen werden. Außerdem beziehe sich das Gesetz nur auf die manuelle und nicht auf die automatisierte Datenerhebung.

Trotz der Einwände der oppositionellen Fraktionen wurde das Reparaturgesetz angenommen. 

Dass die Koalitionsparteien den Behörden mehr Kompetenzen zur Aufklärung terroristischer Aktivitäten gewähren wollen, ist schon länger bekannt. Bayerns Landesjustizminister beispielsweise forderten September 2020 die schnelle Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung im Kampf gegen Kinderpornografie. Die pauschale Vorratsdatenspeicherung wäre hier natürlich ein willkommenes Instrument. Auch im Kampf gegen rechts-, linksradikalen oder religiös begründeten Terrorismus sehen die Befürworter die Möglichkeit, geheime Strukturen und Kommunikationsnetzwerke aufzudecken. 

Jedoch bedarf es hier, um dem Missbrauch der gesammelten Daten vorzubeugen und den Umgang mit diesen Daten abzugrenzen und wenn, dann möglichst effektiv zu gestalten eines detaillierten gesetzlichen Rahmenwerks. Angesichts dieser Tatsache ist das schnelle Vorpreschen der Koalitionsfraktion als kritisch anzusehen. 

Um eine möglichst passende und effektive Lösung für das Problem im Umgang mit der Vorratsdatenspeicherung zu erreichen, sollten die Koalitionsparteien stärker auf die Aussagen der Sachverständigen eingehen, anstatt unbedingt den eigenen Willen durchzusetzen, was hier der Fall zu sein scheint.

In den kommenden Monaten bleibt hierzu noch abzuwarten, wie das BVerfG auf diese Gesetzesänderung reagieren wird. 

Wenn Ihr mehr zu diesem Thema erfahren, beziehungsweise auf dem Laufenden gehalten werden wollt, schreibt uns gerne!