Update: Wie n.tv berichtet, wurde die Abstimmung von der Tagesordnung für die nächste Sitzungswoche genommen. Grund dafür ist Uneinigikeit zwischen Union und SPD darüber, ob nach ihrem Entwurf das Lobbyregister auch für die Bundesregierung gelten soll, wie es neben Grünen und Linke auch die Sozialdemokraten fordern. Dagegen wehrt sich die CDU/CSU, obwohl sie dieser Forderung noch im September zugestimmt hatte. LobbyControl rechnet nach einer Anfrage unsererseits frühestens Mitte November mit einer Abstimmung im Bundestag.

Wer nimmt Einfluss auf unsere Bundestagsabgeordneten? Welche und wessen Interessen werden vertreten? Um welche Themengebiete geht es?

Diese durchaus interessanten Fragen blieben für Wähler:innen bislang unbeantwortet. Deshalb fordern Initiativen wie Abgeordnetenwatch und LobbyControl seit vielen Jahren ein verpflichtendes Lobbyregister für den Bundestag. Auch DEMOCRACY wurde 2018 mit dem Ziel gegründet, das Parlament für Bürger:innen transparenter zu machen. Hierfür war geheimer Lobbyismus eine Motivation von vielen.

Insbesondere die Union hat sich lange gegen ein entsprechendes Gesetz gestellt. Trotzdem einigte man sich während der Sondierungsgespräche zur Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP auf ein Lobbyregister. Doch obwohl sich auch die SPD lange dafür aussprach, taucht das Thema nicht im Koalitionsvertrag auf. Erst der Skandal um Phillipp Amthor, der bei Wirtschaftsminister Peter Altmaier für ein Startup lobbyierte, an dem er selbst Aktien besaß, bewirkte ein Umdenken bei vielen Abgeordneten der Union und verlieh dem Thema neue Brisanz. Nächste Woche werde im Bundestag 4 Gesetzesanträge von AfD, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen sowie CDU/CSU und SPD beraten.

Eines haben alle 3 oppositionellen Anträge gemeinsam – sie planen einen sogenannten ”legislativen Fußabdruck”. Nach ihnen soll also künftig in Gesetzesanträgen vermerkt werden, welche Lobbyist:innen an deren Ausarbeitung beteiligt waren. Die Linke will bei Anwaltskanzleien und Agenturen Informationen über deren Auftraggeber abfragen, Vereine, Stiftungen oder Verbände sollen unter anderem ihre Finanzierung transparent darstellen. Ihr Antrag orientiert sich ausdrücklich an den konkreten Forderungen von LobbyControl und Abgeordnetenwatch. Die AfD bezieht neben Unternehmen und Beratungsunternehmen explizit Nichtregierungsorganisationen mit ein, insbesondere solche, hinter denen wenige Großspender:innen stehen. Die Anträge beider Fraktionen sind relativ kurz, die Grünen gehen hingegen ausführlicher ins Detail. Ein Lobbyregister nach ihrem Entwurf würde Daten zu Tätigkeitsbereichen und bisherigen Interessengebieten bezüglich des Gesetzgebungs- prozesses von Lobbyist:innen erheben, außerdem aktuelle und vergangene Auftraggeber sowie das Ausmaß der finanziellen Investitionen in die Interessenvertretung. Zudem ist ein gesetzlich vorgeschriebener Verhaltenskodex vorgesehen. Verstöße könnten im schlimmsten Fall zum Ausschluss aus dem Register führen, wodurch keine weitere Lobbyarbeit möglich wäre.

Union und SPD planen ebenfalls Verhaltensgrundsätze, allerdings sollen Lobbyist:innen diese unter sich ausmachen. Sie schlagen für das Lobbyregister lediglich eine verpflichtende namentliche Registrierung vor, Verstöße können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Kritik am Entwurf der regierenden Parteien kommt nicht nur von der Opposition, sondern auch von anfangs bereits erwähnten Organisationen wie Abgeordnetenwatch. Laut ihnen müsse bei Verstößen eine Vorteilsabschöpfung möglich sein. Das bedeutet Strafzahlungen in Höhe des Geldbetrags, den man sich durch die Einflussnahme auf entsprechende Gesetze als Vorteil gesichert hat. Ein Unternehmen, welches sich beispielsweise für Subventionen in Höhe von 500.000 Euro eingesetzt und dabei gegen geltende Regeln verstoßen hat, müsste dementsprechend den gleichen Betrag als Strafe zahlen. Abgeordnetenwatch fordert außerdem einen Bezug zu bestimmten Gesetzen und Gesprächen, sie sprechen von ”Kontakttransparenz”, dazu zählt auch der legislative Fußabdruck. Dieser wird auch von der Allianz für Lobbytransparenz gefordert, welcher auch der Bundesverband der deutschen Industrie angehört.